Rückblick: 11. Fachtagung der BAG Fledermausschutz in Rostock

Die Energiewende ist in aller Munde. Wie jedoch gestaltet sich der Weg ins „grüne“ Energiezeitalter für Fledermäuse? Wie lassen sich Gebäudesanierungen fledermausfreundlicher gestalten? Diesen Fragen ging die Bundesarbeitsgruppe BAG-Fledermausschutz auf ihrer Tagung in Rostock nach. Die Fachtagung, die vom 22. bis zum 24. März 2013 stattfand, wurde vom NABU, der Universität Rostock sowie der Landeslehrstätte für Naturschutz und nachhaltige Entwicklung M-V veranstaltet. Über 300 Teilnehmer, darunter Mitglieder der Landesfachausschüsse für Fledermausschutz und –forschung, zahlreiche Fledermausexperten, diverse Planungsbüros sowie ehrenamtliche Helfer, fanden sich im Audimax auf dem Campus der Universität Rostock ein.

Fledermäuse gehören zu den Tieren, die am stärksten unter der Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes leiden. Da sie sich fliegend fortbewegen, ist die Luft ein stark frequentierter Lebensraum der höchst dynamischen Tiere. Windräder spielen eine entscheidende Rolle bei der ökologischen Energiegewinnung. Für Fledermäuse jedoch werden sie regelmäßig zur Todesfalle. Werden Kenntnisse zum Flugverhalten der Fledermäuse in die Planung von Windkraftanlagen einbezogen, können Kollisionen vermieden oder zumindest reduziert werden. Es kann herausgefunden werden, welche Merkmale Windkraftanlagen mit vielen Kollisionsopfern gemein sind und in welchen Gebieten mit einem erhöhten Kollisionsrisiko gerechnet werden muss. Wie die Fachbeiträge, beispielsweise des Büros für Faunistik und Landschaftsökologie unter der Leitung Thomas Grundwalds, zeigten, tragen Höhenaktivitätsmessungen und die Entwicklung von Verfahren zum Fledermaus-Monitoring dazu bei, die Errichtung von Windkraftanlagen fledermausfreundlicher zu gestalten.

Zum Schlafen ziehen sich Fledermäuse in Quartiere zurück, die sie traditionell in Höhlen, Felsspalten oder ausgehöhlten Bäumen finden. Diese Quartiere wurden bereits zum großen Teil vom Menschen zerstört. Daher suchen sich die nachtaktiven Tiere nun Quartiere, die der Mensch erbaut hat. Sie ziehen sich unter anderem auf Dachböden oder in verlassene Häuser zurück. Auch in Plattenbauten entstehen zahlreiche Fledermausquartiere. Fallen diese Plattenbauten im großen Stil einer Sanierung oder gar einem Abriss zum Opfer, wird der Lebensraum der Fledermäuse zerstört und viele von ihnen werden getötet. Dementsprechend diskutierten die Teilnehmer der Tagung geeignete Kartierungsmaßnahmen sowie die Möglichkeiten eines Erhalts der Fledermausquartiere durch eine angemessene Baubegleitung.

In weiteren Beiträgen gingen die Tagungsteilnehmer unter anderem Erkenntnissen zu einzelnen Fledermausarten, wie dem Grauen Langohr, der Mopsfledermaus, der Bechsteinfledermaus, der Zweifarbfledermaus oder dem Großen Abendsegler nach.

Link: Einige Eindrücke von der Tagung

Vorankündigung: 11. Fachtagung der BAG Fledermausschutz

Vom 22. bis 24. März 2013 findet in der Hansestadt Rostock / Mecklenburg-Vorpommern die 11. Fachtagung der BAG Fledermausschutz und -forschung im NABU statt.

Veranstalter

  • Naturschutzbund Deutschland
  • Universität Rostock, Institut für Biowissenschaften
  • Landeslehrstätte für Naturschutz und nachhaltige Entwicklung M-V

Organisation

  • Uwe Hermanns
  • Antje Seebens (LFA Fledermausschutz und -forschung M-V / NABU)
  • Karl Kugelschafter (BAG Fledermausschutz und -forschung / NABU)

Veranstaltungsort
Die fast 800 Jahre alte Hansestadt Rostock liegt mit dem Seebad Warnemünde direkt an der Ostseeküste und ist die größte Stadt Mecklenburg-Vorpommerns. Gotische Backsteinfassaden, hanseatische Giebelhäuser und imposante Kirchen prägen das Bild der Innenstadt. Stadthafen, Überseehafen und natürlich der Badeort Warnemünde stehen für das maritime Flair Rostocks. Die Veranstaltung findet in der fast 600 Jahre alten Universität Rostock statt, die zu den ältesten Universitäten Nordeuropas gehört.

Bitte merken Sie sich den Termin der 11. Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Fledermausschutz und -forschung vor.

Kontakt
www.lfa-fledermausschutz-mv.de
Tagungskoordinatorin Dr. Tanja Flehinghaus-Roux (NABU Regionalverband Mittleres Mecklenburg e.V.)
E-Mail: BAG2013@lfa-fledermausschutz-mv.de
Telefon: 0174-53 49 179
Diese Veranstaltung wird gefördert durch die Norddeutsche Stiftung für Umwelt und Entwicklung aus Erträgen der Lotterie BINGO! Die Umweltlotterie und durch die NABU Stiftung Naturerbe Mecklenburg-Vorpommern

Jahrestreffen 2012 des LFA Fledermausschutz NRW

Das Jahrestreffen 2012 des LFA Fledermausschutz wird am Samstag, dem 17. 11. 2012 in Recklinghausen stattfinden. Das Treffen wird wie üblich um 10:00 Uhr beginnen. Wir treffen uns im Seminargebäude der NUA (Natur- und Umweltschutzakademie NRW). Adresse: Siemensstr. 5, 45659 Recklinghausen. Eine Anfahrtsbeschreibung finden sie hier: http://www.nua.nrw.de/nua/content/de/nua/nua_50.htm?jid=1o0o2.

Wie immer wird es in den Pausen Kaffee, Tee und Kuchen geben, der vor Ort bezahlt werden kann. Ein Mittagsessen vor Ort kann nicht angeboten werden. Hier ist Selbstversorgung nötig.

Die Vortragsliste wird erst kurz vor der Tagung festgelegt. Bitte melden Sie Vorträge oder Posterbeiträge bei Carsten Trappmann 0251 – 88145 (Trappmann@Fledermausschutz.de) an.

Wir bedanken uns bei Dietlind Geiger-Roswora für die Bereitschaft, die Tagung in diesem Jahr auszurichten und die Organisation vor Ort.

Download: Einladung_LFA-Tagung_NUA_2012

Deutsche Windräder – Todesfalle für Fledermäuse aus Nordosteuropa

Windkraftanlagen können Auswirkungen auf weit entfernte Ökosysteme haben. Forscher des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) wiesen jetzt nach, dass Fledermäuse, die an Windrädern in Deutschland zu Tode kommen, vor allem aus dem osteuropäischen Raum stammen.

Die Forscher untersuchten vier Fledermausarten, die regelmäßig an Windkraftanlagen in Deutschland verunglücken. Sie führten ihre Untersuchung an Standorten in vier Bundesländern durch. Fledermäuse sind von besonderem Interesse, weil sie eine wichtige regulierende Funktion für Ökosysteme haben und Populationen von Schadinsekten in Schach halten. Außerdem ziehen viele Arten im Frühjahr und Herbst zwischen Fortpflanzungs- und Überwinterungsgebieten durch ganz Europa.

Die Forscher analysierten das Verhältnis der Wasserstoffisotope im Fellkeratin der Tiere. Vom Wasserstoff gibt es zwei stabile Varianten (Isotopen), die zwar annähernd dieselben chemischen Eigenschaften haben, sich aber im Atomgewicht unterscheiden. Die Verteilung der Wasserstoffisotope ist in Europa regional unterschiedlich, der Anteil des „leichten“ Wasserstoffisotops steigt von Süd nach Nord stetig an. Da Säugetiere die lokalen Wasserstoffisotope in ihr Keratin einbauen, hat jedes Tier eine Art Isotopen-Fingerabdruck in seinem Fell. Deshalb können Forscher über das Verhältnis der Isotope im Fell die Region ermitteln, in der sich die Tiere die letzten Monate aufgehalten haben.

Dabei fanden sie heraus, dass zum Beispiel die in Deutschland verunglückten Rauhautfledermäuse fast ausschließlich aus dem Baltikum und Weißrussland kamen. Auch Exemplare des Großen und des Kleinen Abendsegler mussten ihre Reisefreudigkeit mit dem Leben bezahlen, sie kamen ebenfalls aus dem Norden und Osten, also aus Skandinavien oder dem Baltikum. Hingegen stammten die gefundenen Zwergfledermäuse aus den Regionen rund um die Anlagen.

Studien besagen, dass jährlich mehr als 200.000 Fledermäuse an deutschen Windkraftanlagen verunglücken. Wildtierbiologen warnen, dass diese Verluste empfindliche Lücken in die fernen Populationen reißen. „Fledermäuse haben eine geringe Fortpflanzungsrate, sie bekommen nur ein bis zwei Jungtiere pro Jahr“, sagt Dr. Christian Voigt vom IZW. Von zusätzlichen Unglücksfällen kann sich eine Fledermauspopulation daher nur langsam, wenn überhaupt, erholen.

Voigt hält deshalb mehr Absprachen zwischen der EU und den östlichen europäischen Ländern für dringend nötig. Die internationalen Regularien zum Schutz von ziehenden Arten kämen in diesen Fällen noch nicht genügend zum Tragen. Deutschland sieht Voigt zudem in einer besonderen Pflicht, da die sogenannte grüne Energiewende durch den vorangetriebenen Ausbau von Windkraftanlagen negative Konsequenzen auf weit entfernte Ökosysteme in Nordosteuropa haben könnte.

Insgesamt verzeichnen Umweltschützer und Wissenschaftler eine steigende Zahl von Fledermaus-Todesfällen an Windkrafträdern. Das liegt unter anderem daran, dass die Anlagen zunehmend in Wäldern „versteckt“ werden, weil sie in der offenen Feldflur ungern gesehen werden. Die Rotorblätter befinden sich dann näher an den Baumkronen, so dass Fledermäuse bei der nächtlichen Jagd leichter in deren Einzugsbereich geraten können.

Seit kurzem wissen Forscher auch, wie Fledermäuse an den Anlagen zu Tode kommen: Die Tiere werden nicht wie allgemein angenommen durch die Rotorblätter „zerhäckselt“. Sie sterben vielmehr an einem sogenannten Barrotrauma. Dabei platzen ihre Lungen und inneren Organen, weil durch Verwirbelungen hinter den Rotorblättern starke Druckschwankungen entstehen.

Das Problem der Fledermausunfälle ließe sich eigentlich einfach lösen, so Voigt. Die Anlagen müssten in der Abenddämmerung, wenn der Wind sowieso meist abflaut, für ein bis zwei Stunden ausgeschaltet werden; vornehmlich während der Zugzeit der Fledermäuse. Dies würde die Zahl der Todesfälle vermutlich drastisch senken und nur geringe Gewinneinbußen bei den Betreibern zur Folge haben. Voigt ist überzeugt: „Wir benötigen eine intelligente Energiewende, mit möglichst wenig Schaden für Mensch und Wildtier.“

Originalarbeit:
Voigt, C.C., Popa-Lisseanu, A., Niermann, I., Kramer-Schadt, S. (2012) The catchment area of wind farms for European bats: A plea for international regulations. Biological Conservation 10.1016/j.biocon.2012.04.027 Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V.

Stellungnahme des LFA zum Thema „Windenergie im Wald“

Das Land Nordrhein-Westfalen hat im Herbst 2012 den Entwurf eines Leitfadens für Windenergie im Wald vorgestellt. Auch wenn der LFA Fledermausschutz NRW den Einsatz von regenerativen Energien inklusive der Windenergie für dringend notwendig hält, muss bei der Anwendung doch auch auf andere Schutzgüter geachtet werden.

Der LFA hat daher eine Stellungnahme zur Windenergie im Wald in NRW erarbeitet. Nach derzeitigem Kenntnisstand kann der LFA Fledermausschutz NRW Windenergie im Wald nicht zustimmen.

Im Wald ist die Fledermausaktivität viel höher als im Offenland abseits von Leitstrukturen. Im Wald können alle Arten betroffen sein. Durch die Zuwegungen werden im Wald viele Fledermäuse direkt zu den Masten geleitet. Wie hoch Fledermäuse über Wäldern jagen ist unbekannt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Fledermäuse die Masten gezielt untersuchen und dabei in die Höhe der Rotoren gelangen können. Aufnahmen mit Fledermäusen an den Rotoren von Windenergieanlagen finden Sie hier.

Download: Stellungnahme

Fliegenfänger als Fledermausfallen

Klebefallen können nicht nur für Fliegen zu einer Falle werden. Neben Insekten, verfangen sich immer wieder Fledermäuse in den Fliegenfallen. Werden sie nicht rechtzeitig gefunden und befreit, verenden sie qualvoll. Gerettete Fledermäuse kommen oft in die Obhut von Fledermausexperten und werden mit Hilfe von Pflanzenöl oder Babypuder von dem Klebstoff befreit und anschließend wieder gesund gepflegt.

Anscheinend sind vor allem Arten betroffen, die in Stallungen nach Nahrund suchen bzw. in direkter Nachbarschaft des Menschen leben (also Zwerg-, Fransen-, Wimperfledermaus). Aber auch Langohren wurden schon in Fliegenfallen gefunden. Leider können derzeit keine gesicherten Aussagen darüber getroffen werden, welche Arten noch betroffen sind und wie viele Tiere bisher in Fliegenfängern gefunden wurden.

Darum werden von Florian Pointke, von der Fledermaus AG Münster und der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Österreich, alle bekannten Fälle gesammelt. Wer von Fledermäusen berichten kann, die sich in Fliegenfängern verfangen haben, melde sich bitte bei Florian Pointke (flo@pointke.de). Besonders von Interesse ist dabei, welche Art betroffen ist, wo und wann wurde die Fledermaus gefunden. Gibt es bei Pfleglingen, die in einem Fliegenfänger klebten, irgendwelche Auffälligkeiten (z.B. Entzündung der Augen)?

Grösser ist nicht immer besser

25.08.2005 – (idw) Universität Zürich – Die Evolution führt nicht automatisch zu einem grösseren Gehirn. Forscher der Universität Zürich haben herausgefunden, dass es auch von Vorteil sein kann, Hirnmasse abzubauen. Bei Fledermäusen jedenfalls ist ein grosses Gehirn nicht unbedingt besser. Die Studie der Zoologen erscheint in der Fachzeitschrift „Biology Letters“ (Volume 1, Number 3/29. September 2005) und ist online publiziert. Fledermäuse, die es sich leisten konnten, haben im Laufe der Evolution ihre Hirnmasse reduziert. Zu diesem Schluss kommen die Forscher Kamran Safi, Marc Seid und Dina Dechmann vom Zoologischen Institut der Universität Zürich. Sie haben 104 Fledermaus-Arten verglichen und die Grösse des Gehirns untersucht, die Form des Körpers und die Art, wie sie jagen. Fledermäuse, die im offenen Raum jagen, haben im Verhältnis zu ihrer Körpermasse kleine und schmale Flügel. Sie sind schnelle Flieger, aber dafür wenig agil und weniger manövrierfähig. Diese Fledermäuse haben kleinere Gehirne entwickelt, wie die Forscher der Universität Zürich festgestellt haben.

In die Gegenrichtung lief die Entwicklung bei Fledermäusen, die in hoch strukturierten Habitaten jagen. Im Wald jagende Arten haben breite Flügel, die sie sehr manövrierfähig machen. Sie haben im Laufe der Zeit Gehirnmasse zugelegt, um die neuronale Struktur aufzubauen, die es für Flüge im dichten Habitat braucht. Wenn Fledermäuse also mehr Gehirnmasse brauchten, beispielsweise um ihre Flügel besser zu koordinieren oder die grössere Informationsmenge in unübersichtlichen Jagdhabitaten zu verarbeiten, haben sie grössere Gehirne entwickelt.

Ein grösseres Gehirn benötigt jedoch mehr Energie und erhöht die Fortbewegungskosten. „Der Grosse Abendsegler beispielsweise hat darum die Hirnmasse markant reduziert“, erklärt Kamran Safi. „Für das Jagen im offenen Luftraum braucht er schlicht kein so grosses Hirn.“ Der bei uns heimische Abendsegler hat sich so perfekt den Umweltbedingungen angepasst und trägt keinen überflüssigen Ballast mit sich.

Die Forscher der Universität Zürich haben mit ihrer Studie nachgewiesen, dass die Evolution der Hirngrösse in beide Richtungen gehen kann. „Ein kleineres Hirn kann auch das Resultat einer modernen Entwicklung sein“, sagt der Zoologe Safi. Bislang haben sich die meisten Forschungen darauf konzentriert, wie und warum das Gehirn immer grösser wird.

Europäische Nacht der Fledermäuse:
Zum 9. Mal findet vom 26. bis zum 28. August die Europäische Nacht der Fledermäuse statt. Mehr Informationen finden Sie unter www.fledermausschutz.ch

Kontakt:
Kamran Safi, Zoologisches Institut der Universität Zürich
Tel. +41 44 635 52 81
Mobile: +41 79 546 20 06
E-Mail: k.safi@zool.unizh.ch

Die Fransenfledermaus findet, was die Teichfledermaus nicht findet

Die fünf europäischen Arten Fransen-, Wimper-, Teich- und Wasserfledermaus sowie die Kleine Bartfledermaus haben ähnliche Flügelformen, gehören zur Gattung Myotis und sind nah verwandt. Sie teilen auch die gleichen Lebensräume. Zu allem Überfluss fressen sie alle gerne fliegende Insekten und an Fäden hängende Spinnen, die sie durch Echoortung zwischen den Blättern der Vegetation aufspüren. Dr. Björn M. Siemers und Prof. Hans-Ulrich Schnitzler vom Zoologischen Institut der Universität Tübingen haben nun herausgefunden, wie jede der fünf Arten bei dieser harten Konkurrenz dennoch eine eigene Nische besetzen kann: Die Echoortungssignale der verschiedenen Fledermäuse zeigen deutlich unterscheidbare Muster. Damit ist die Fähigkeit der Arten, ihre Beute auf einem störenden Hintergrund auszumachen, unterschiedlich gut entwickelt. In der Praxis dürfte der Speisezettel jeder Fledermausart daher etwas anders aussehen. Wasser- und Teichfledermaus jagen häufig auch über offenen Gewässern und überlassen Waldrand und Baumkronen den Verwandten. Die Tübinger Tierphysiologen gehen davon aus, dass solche Unterschiede in der Sinnesökologie allgemein eine wichtige Rolle in der Strukturierung von Gesellschaften konkurrierender Tierarten spielen könnten. Ihre Forschungsergebnisse werden in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature (Band 429, Seiten 657-661, 10. Juni 2004) veröffentlicht.

Echoortende Fledermäuse stoßen auf dem Jagdflug für den Menschen unhörbare Suchrufe aus, deren Echo von den Objekten in der Umgebung zurückgeworfen wird und den Tieren eine Art akustisches Bild liefert. Die Fledermäuse stört es nicht, wenn es dabei stockfinster ist. Auch den Geruchssinn setzen sie nicht immer ein, denn im Experiment flogen sie geruchlose Gummiimitate ebenso als Beute an wie echte Mehlwürmer. Doch die Flattertiere haben oft Probleme, die Echos, die von Beutetieren zurückgeworfen werden, von denen anderer Strukturen wie Blättern, Ästen oder Grashalmen zu unterscheiden.

Die Tübinger Forscher haben wild lebende Fledermäuse der verschiedenen Myotis-Arten vorübergehend gefangen und in einem Flugzelt Mehlwürmer allein durch Echoortung aufspüren lassen. Die Vegetation wurde durch eine Kunststoffwand imitiert, die mit zahlreichen Gumminoppen besetzt war. Keine der Fledermäuse konnte unter diesen Bedingungen einen Mehlwurm direkt auf dem störenden Hintergrund ausmachen. Befand sich der Leckerbissen jedoch 25 bis 50 Zentimeter vor dem Hintergrund, machten praktisch alle Fledermäuse erfolgreich Beute. Interessant wurde es in einem engen Bereich: Wenn der Abstand des Mehlwurms zum Hintergrund nur fünf bis zehn Zentimeter betrug, hatten die verschiedenen Fledermausarten deutlich unterschiedliche Jagderfolge: Die Fransenfledermäuse konnten die Beute noch sehr dicht vor der Noppenwand ausmachen, in absteigender Reihe taten sich Wimperfledermäuse, Kleine Bartfledermäuse, Wasser- und Teichfledermäuse damit immer schwerer.

Unterschiede bei der Jagd der verschiedenen Arten fanden sich bei den Suchrufen der Tiere zur Echoortung: Die Fransenfledermaus beginnt mit einer besonders hohen Startfrequenz ihrer Rufe und deckt bis zur Endfrequenz einen sehr weiten Wellenlängenbereich ab. Bei einer hohen Frequenz sind die seitlichen Störechos des nahen Hintergrunds geringer, das Echo der Beute lässt sich leichter abgrenzen. Die Wissenschaftler nehmen auch an, dass die Fledermäuse durch einen breiten Frequenzbereich der Suchlaute mehr Informationen über ihre Umgebung erhalten, sozusagen ein schärferes Bild. Sie vermuten, dass sich die im Versuch erfolgreicheren Jagdfähigkeiten bei den Myotis-Arten in der Evolution zweimal unabhängig voneinander herausgebildet haben. Denn eine nahe Verwandte der „Siegerin“ Fransenfledermaus ist die Wasserfledermaus, die nur den vorletzten Platz belegte. Ihre Echoortungsrufe umfassen ein deutlich kleineres Frequenzspektrum, sie kann Beute vor störendem Hintergrund schlecht erkennen. Dagegen schneidet die nach genetischen Analysen weiter entfernte Verwandte Wimperfledermaus am zweitbesten ab.

Die Wissenschaftler geben mit dieser Studie einen Einblick, wie sich konkurrierende Arten nur durch recht geringe Unterschiede in den Sinnesfähigkeiten in einer Tiergesellschaft jeweils eine eigene Nische schaffen könnten.

Nähere Informationen:
Dr. Björn Siemers
Donnerstag (Fronleichnam) und Freitag, 10. bis 11. Juni: mobil 0160/96508725

sonst:
Dr. Björn Siemers
Prof. Hans-Ulrich Schnitzler
Zoologisches Institut
Auf der Morgenstelle 28
72076 Tübingen
Tel. 07071/29-77393
Fax 07071/29-2618
E-Mail: bjoern.siemers@uni-tuebingen.de

Große Fledermaus-Aktion: Quartiere für Schleswig-Holsteins Kobolde der Nacht

Der NABU Schleswig-Holstein und die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein starteten am 8. Januar das Gemeinschaftsprojekt „Fledermausfreundliches Haus“, um gebäudebewohnende Fledermausarten zu schützen. Damit sollen Schleswig-Holsteiner ermuntert werden, neue Fledermausquartiere an ihren Häusern, Schuppen, Garagen oder Kellern anzulegen oder bestehende zu erhalten. Das Engagement der Bürger wird mit einer wetterfesten Plakette zur Montage am Haus und einer Urkunde belohnt.

„Fledermäuse leben mitten unter uns, oft sogar unter unserem Dach. Dass wir sie meist nicht bemerken, liegt an ihrer heimlichen Lebensweise. Und die wird den kleinen Flugakrobaten oft zum Verhängnis“, weiß Ingo Ludwichowski, Geschäftsführer des NABU. Unsere heimischen Fledermausarten können sich ihren Unterschlupf nicht selbst bauen. „Kleine Spalten im Dach, Hohlräume hinter Verkleidungen oder warme Dachböden in Häusern sind beliebte Verstecke der Fledermäuse“, ergänzt Konrad Nabel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Naturschutz. „Leider fallen sie meist aus Unkenntnis Renovierungen zum Opfer oder existieren in so genannten Niedrigenergiehäusern gar nicht.“
Fledermausfreundliches Haus

Um die akute Wohnungsnot der sympathischen Kobolde der Nacht zu lindern, haben die beiden Partner, unterstützt mit Mitteln der Umweltlotterie Bingo!, den Fledermausexperten Michael Göttsche eingestellt. Als Projektkoordinator beantwortet er knifflige Fragen und berät Hausbesitzer auch direkt vor Ort. Für die erste Kontaktaufnahme ist ein Infotelefon, Tel. 0431 – 210 90 80, und ein Internetauftritt, www.fledermausfreundliches-haus.de, frei geschaltet. Darüber hinaus gibt es umfangreichem Informationsmaterial.

In Deutschland gibt es 23 Fledermausarten, davon 15 in Schleswig-Holstein, elf von ihnen bevorzugen Quartiere in oder an Gebäuden. Am verbreitesten ist hier die Zwergfledermaus. Zu den gefährdesten Arten gehören das Große Mausohr, die Teichfledermaus, die Zweifarbfledermaus und die Große Bartfledermaus.

Verantwortlich für diesen Pressetext:
Thomas Voigt, Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, Eschenbrook 4, 24113 Molfsee,
Tel.: 0431/210 90-22 /-90, E-Mail: info@sn-sh.de
Ingo Ludwichowski, NABU Schleswig-Holstein, Carlstr. 169, 24537 Neumünster,
Tel.: 04321 – 53 734, E-Mail: ingo.ludwichowski@nabu-sh.de

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