Grösser ist nicht immer besser
25.08.2005 – (idw) Universität Zürich – Die Evolution führt nicht automatisch zu einem grösseren Gehirn. Forscher der Universität Zürich haben herausgefunden, dass es auch von Vorteil sein kann, Hirnmasse abzubauen. Bei Fledermäusen jedenfalls ist ein grosses Gehirn nicht unbedingt besser. Die Studie der Zoologen erscheint in der Fachzeitschrift „Biology Letters“ (Volume 1, Number 3/29. September 2005) und ist online publiziert. Fledermäuse, die es sich leisten konnten, haben im Laufe der Evolution ihre Hirnmasse reduziert. Zu diesem Schluss kommen die Forscher Kamran Safi, Marc Seid und Dina Dechmann vom Zoologischen Institut der Universität Zürich. Sie haben 104 Fledermaus-Arten verglichen und die Grösse des Gehirns untersucht, die Form des Körpers und die Art, wie sie jagen. Fledermäuse, die im offenen Raum jagen, haben im Verhältnis zu ihrer Körpermasse kleine und schmale Flügel. Sie sind schnelle Flieger, aber dafür wenig agil und weniger manövrierfähig. Diese Fledermäuse haben kleinere Gehirne entwickelt, wie die Forscher der Universität Zürich festgestellt haben.
In die Gegenrichtung lief die Entwicklung bei Fledermäusen, die in hoch strukturierten Habitaten jagen. Im Wald jagende Arten haben breite Flügel, die sie sehr manövrierfähig machen. Sie haben im Laufe der Zeit Gehirnmasse zugelegt, um die neuronale Struktur aufzubauen, die es für Flüge im dichten Habitat braucht. Wenn Fledermäuse also mehr Gehirnmasse brauchten, beispielsweise um ihre Flügel besser zu koordinieren oder die grössere Informationsmenge in unübersichtlichen Jagdhabitaten zu verarbeiten, haben sie grössere Gehirne entwickelt.
Ein grösseres Gehirn benötigt jedoch mehr Energie und erhöht die Fortbewegungskosten. „Der Grosse Abendsegler beispielsweise hat darum die Hirnmasse markant reduziert“, erklärt Kamran Safi. „Für das Jagen im offenen Luftraum braucht er schlicht kein so grosses Hirn.“ Der bei uns heimische Abendsegler hat sich so perfekt den Umweltbedingungen angepasst und trägt keinen überflüssigen Ballast mit sich.
Die Forscher der Universität Zürich haben mit ihrer Studie nachgewiesen, dass die Evolution der Hirngrösse in beide Richtungen gehen kann. „Ein kleineres Hirn kann auch das Resultat einer modernen Entwicklung sein“, sagt der Zoologe Safi. Bislang haben sich die meisten Forschungen darauf konzentriert, wie und warum das Gehirn immer grösser wird.
Europäische Nacht der Fledermäuse:
Zum 9. Mal findet vom 26. bis zum 28. August die Europäische Nacht der Fledermäuse statt. Mehr Informationen finden Sie unter www.fledermausschutz.ch
Kontakt:
Kamran Safi, Zoologisches Institut der Universität Zürich
Tel. +41 44 635 52 81
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